BLACKLIST – MTV, VIVA & KONSORTEN
This is not a Love Song.
Dies ist der gequälte Aufschrei eines Menschen Anfang 30.
Eines Menschen, der sich noch nicht alt genug fühlt, um genug Abstand zum zeitgenössischen Musikfernsehen zu haben und nicht mehr jung genug ist, um noch zu verstehen, was es eigentlich nicht zu verstehen gibt.
Um es gleich vorweg zu nehmen: Ich fand Musikfernsehen nie sonderlich gut. Viel zu selten wurde dort früher die Sorte von Musik gespielt, die ich hören wollte. Aber vielleicht habe ich meine Musik auch nur gehört, weil sie dort so selten zu hören war.
Wer will das heute schon noch beurteilen.
Ich habe trotzdem immer viel Musikfernsehen geschaut, als ich noch Teil der großen warmen, stark verpickelten Zielgruppe war. Damals. Im letzten Jahrtausend. Lange her.
Aber damals habe ich natürlich nur deshalb soviel Zeit auf und mit diesen Sendern
verbracht, weil ich mich darüber lustig machen wollte, was diese albernen Mainstream
Idioten sich so den ganzen Tag reinziehen. Denselben Kram wie ich halt. Denn bei mir
lief ja trotzdem ständig die Glotze.
Zur selbstauferlegten Strafe musste ich mir dann abends mindestens zwei Public Enemy
Alben und drei bis vier Silverbullet Songs anhören. Nur, um nicht vom Pfad abzukommen
und mir – Gott bewahre! – bei meinem nächsten Platteneinkauf doch eine Platte von
Phil Collins in den Korb zu legen. Oder Modern Talking. Oder was es sonst noch so an
absoluten „No-Go“s gibt.
Wo doch jede Mutter weiß, wie es mit diesen Einstiegsdrogen ist. Erst guckt man sich das
Zeug im Fernsehen an und ruck-zuck steht die erste Wham-Platte im Regal. Einfach so.
Und dann ist man raus aus der Geschmacksschleife. Bereit für den süßen Untergang auf
Pop-Prohypnol. Doch ich schweife ab.
So saß ich also im letzten Jahrtausend vor der Braun’schen Röhre und genoß meine
musikalische Überlegenheit. Damals konnte ich mir den Chauvinismus noch erlauben.
Ich verstand die Bildsprache. Wusste, warum Schnitte erfolgen und warum nicht.
Das Augenzwinkern des Moderators hatte eine Bedeutung und wurde – nicht wie heute –
nur als weiterer Beweis der Debilität des zappeligen Ansageschnigges gewertet.
Seit zwei Jahren ist das nicht mehr der Fall. Ich checke absolut nichts mehr, wenn ich
mal aus Versehen auf MTV, VIVA & Co. lande. Und nun stellen sich natürlich die ersten
Fragen…
Im Ernst. Älter werden ist merkwürdig. Genießt die Zeit, in der Ihr MTV noch versteht.
Es geht schnell genug und – schubber – schon ist die Checkung um die Ecke und Ihr seid
nicht dabei. Ab dann wird es nur noch komplizierter. Oder einfacher. Ist nur eine Frage
der persönlichen Platzhalterfähigkeiten.
Danke für die Teilnahme an meiner öffentlichen Neurosenauslebung.